Letztes Wochenende vor der Weltmeisterschaft

Alle sind sie gestern im Laufe des Tages ausgeflogen an der Ruderakademie Ratzeburg: Einmal noch durften die Mitglieder der deutschen Nationalmannschaft nach Hause, Montag geht es in die USA. Zwei Wochen hat das dritte und letzte Trainingslager in Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften vom 24. September bis 1. Oktober in Sarasota (Florida) gedauert. Und wie immer während so einer langen Kasernierung namens Unmittelbare Wettkampf-Vorbereitung (UWV) lag stets der Lagerkoller auf der Lauer. Erst recht, da es auch noch häufig regnete,
meist windig und kalt war. Aber die Betroffenenwussten sich auch diesmal wieder zu helfen, zumal sie ja nicht eingesperrt waren. Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft von 1874/75) besuchte zwischendurch „die Hochzeit meines großen Halbbruders Christian in Satow“. Das Team Deutschland-Achter, dessen Schlagmann er ist, unternahm vorige Woche einen Ausflug nach Warnemünde, war auf einer Rennyacht segeln. Einmal lud die Familie von Besatzungsmitglied Torben Johannesen (Bergedorf) zum Abendessen. Und im Camp in Völkermarkt (Österreich) „sind wir einen Tag auf einen über 2000 Meter hohen Berg, den Hochobir, gekraxelt“, erzählt WM-Ersatzmann Malte Daberkow (ORC Rostock). Julia Leiding vom hiesigen RRC und ihre Doppelzweier-Partnerin Carlotta Nwajide (Hannover) gehen durchaus auch mal getrennte Wege. „Bei drei Trainingslagern ist es unumgänglich, dass man seinen Rückzugsraum braucht. Und ich finde, wir verstehen uns eher sogar besser, wenn wir nicht die ganze Zeit aufeinander hocken“, sagt Carlotta, während Julia noch davon schwärmt, wie sie und ihre „Kolleginnen“ Daniela Schultze (Potsdam) und Annekatrin Thiele (Leipzig) im Camp in Weißensee (Österreich) Tandem Gleitschirmfliegen ausprobierten.

Hannes Ocik, Malte Daberkow und Julia Leiding (von links) (Foto: Peter Richter/NNN)


Abwechslung war stets willkommen, wenngleich harte Arbeit im Vordergrund stand. Am Donnerstag fanden noch die üblichen Relationsrennen statt: Der Achter „duellierte sich“ mit dem Doppelvierer, bei den Frauen trat der Doppelzweier gegen den Zweier ohne an. Nach einem letzten Training endete gestern die UWV, ging es noch mal in ein entspanntes Wochenende, bevor die Konzentration den nächsten Herausforderungen gilt: der Zeitverschiebung (Florida ist Deutschland sechs Stunden hinterher), den hohen Temperaturen und nicht zuletzt dem langen Flug. „Wir sind angehalten, Kompressionsstrümpfe zu tragen. Wir hätten auch die Möglichkeit, Schlafmittel und Thrombose- Spritzen zu bekommen, das habe ich für mich aber abgewählt“, so Julia Leiding. Hannes Ocik will an Bord ebenfalls nicht schlafen und auch nach der Landung noch möglichst lange aufbleiben. Sein Motto lautet: „Kaffee trinken, Cola trinken, Schlaf
verschieben“. Er sei ja in Sachen Jetlag relativ erfahren, so der Vize-Olympiasieger von Rio de Janeiro 2016, und hoffe, dann „innerhalb von zwei Tagen den Rhythmus zu finden. Wichtig ist, dass wir alle erst mal körperlich und geistig ankommen. Zumal uns in Florida etwa 30 Grad erwarten.“ Montag um13.40 Uhr hebt die Mannschaft des Deutschen Ruderverbandes mit dem Flug Lufthansa LH 482 von Frankfurt am Main ab und landet um 18 Uhr Ortszeit in Tampa. Also 24 Uhr
MESZ.

Text: Peter Richter (NNN)